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Axel Voss und die EU Urheberrechtsrichtlinie

"Mal unbekannt, mal Hassfigur"

So beschrieb der Generalanzeiger in einem Artikel vom 9. April 2019 den Bonner Europaabgeordneten Axel Voss.

Da mein Leserbrief dazu bisher nicht erschienen ist, veröffentliche ich ihn nachfolgend.

Leserbrief an die Redaktion des Generalanzeiger Bonn

Erneut berichtet der Generalanzeiger über Axel Voss MdEP als "Hassfigur" mancher Gegner der EU Urheberrechtsrichtlinie.

Auch wenn ich Axel Voss persönlich schätze, muss man doch feststellen: Durch sein kompromissloses Festhalten an einer Urheberrechts"reform", die von seinem völlig einseitigen "Internet-Nicht-Versteher" Verständnis geprägt ist und die berechtigten beruflichen Interessen von Informatikern und Internet-Kreativen Unions- und grundrechtswidrig mit den Füssen tritt, ist er daran selbst Schuld. Für kleine Plattformen, die keineswegs davon leben, fremdes geistiges Eigentum zu klauen, werden so hohe Haftungsrisiken geschaffen, dass sie den Betrieb einstellen müssen. Das Publizieren eigenen Contents durch Jedermann auf großen Plattformen wird massiv erschwert, ohne dass dies gerechtfertigt wäre.

Auch eventuell gute Absichten, Urheber besser zu vergüten, reichen als Gesetzgeber nicht aus. Vielmehr muss man in der Lage sein, gute Absichten ohne massive Kollateralschäden für Dritte in Gesetzestexten für eine komplexe Welt Gestalt annehmen zu lassen. Das ist ihm und der EU Kommission leider völlig misslungen, auch weil beide sich gegenüber unabhängiger Informatik-Expertise wie z.B. der des Erfinders des World Wide Web, Sir Tim Berners-Lee, als völlig beratungsresistent erwiesen haben.

Die EU wird dadurch in Sachen modernes Urheberrecht und IT mindestens 30 Jahre zurückgeworfen. Die IT-Branche hat es dadurch künftig noch schwerer, sich gegen übermächtige Konkurrenz zu behaupten. Übermächtige Konkurrenz, die vor allem eine Folge völlig falscher (IT-) Wirtschaftspolitik und Rechtssetzung ist. Von den schädlichen Folgen für die Meinungsfreiheit ganz zu schweigen.

Weitere Links

Urheberrechtsrichtline der EU - Selbstentmachtung des Deutschen Bundestages Mein Blogbeitrag bei Hostsharing.net zur Behandlung der Urheberrechtsrichtlinie der EU durch den Deutschen Bundestag

DSGVO

Tag 2

Wir schreiben den Tag 2 der Gültigkeit der DSGVO, der EU Datenschutzgrundverordnung.

Zunächst einmal tief durchatmen, es musste doch nicht das ganze Internet ausgedruckt und bis gestern zum Wirksam werden der Verordnung abgeheftet werden, nur fast. In Gestalt der Auftragsverarbeiteritis. Meine Hosting-Genossenschaft Hostsharing eG kann ein Lied davon singen, zusammen macht das Singen auch solcher Lieder doch noch etwas mehr Spaß! Und zum Glück haben ja in Ihrer unendlichen Weisheit Rat, Kommission und Parlament der Europäischen Union definiert, dass Auftragsverarbeitung Verarbeitung im Auftrag ist. Welche zirkuläre Erkenntnis der Unionsgranden bei fürstlichen Gehältern!

Mit dieser vorbildlichen juristischen Definition aus Artikel 28 DSGVO weißte doch gleich Bescheid. Und natürlich nach Treu und Glauben muss es auch zugehen, weil das so ein schön unbestimmter Rechtsbegriff ist, der schon fast an die zirkuläre "Definition" der Auftragsverarbeitung heranreicht.

Bestimmtheit vs. Unsicherheit

Nun, wir wollen es hier nicht so schlimm treiben wie Tichys Kurzblick. Viel lesenswerter sind da schon Winfried Veil, der das juristische Elend gut auf den Punkt bringt, und Marina Weisband, die dazu interessante politische Fragen stellt. Und natürlich Hostsharer Juh, der das dazu passende genossenschaftliche Gegengift bereithält.

Wir erinnern uns. Gesetze sind Verhaltensnormen für Menschen, die ein bestimmtes Verhalten ge- oder verbieten. Juristen nennen das das Bestimmtheitsgebot. Das steht sogar im Grundgesetz Artikel 103 Abs. 2, nach den Erfahrungen mit dem Mißbrauch unbestimmter Strafgesetze im Dritten Reich.

Wenn den Menschen nicht klar ge- oder verboten wird, brauchen sie sich auch nicht daran zu halten. Oder trauen sie sich nun nichts mehr? Zusammen mit der allgemeinen politischen und wirtschaftlichen Unsicherheit erzeugen solche schlechten Normen offenbar Angst bei den Betroffenen. Bis hin zum ansonsten knallharten Vertriebsprofi, der panisch seine berufliche Website offline genommen hat.

So handwerklich schlecht kann und darf weder IT- noch sonstige Gesetzgebung sein.

Facebook erzwingt Messenger Nutzung

Offenbar seit Beginn des Monats will Facebook die Nutzung der eigenen Messenger App auf dem Smarpthone erzwingen. Wer versucht, über Smartphone seine FB-Nachrichten mittels Web-Browser zu lesen, dem wird dies jetzt verweigert.

FB Keine Nachrichten mehr im Browser.

Schon zuvor wurden hartnäckige Messenger-Verweigerer mit regelmäßigen Installationsaufforderungen traktiert.

Statt seine Nachrichten lesen zu können, wird nun der Nutzer zu Googles Playstore zur direkten Installation der Facebook Messanger App umgeleitet. Diese App verlangt dann vollen Zugriff auf das Smartphone des Benutzers.

FB Messenger Berechtigungen.

Schon länger betreiben sowohl Google als auch Facebook eine Politik, die im Bereich kommerzieller IT als "Vendor Lock-in" bekannt ist. Hier wird diese Strategie nun gegenüber jedermann, den Konsumenten angewandt. So haben sowohl Google als auch Facebook ihre Schnittstellen-Kompatibilität mit dem XMPP Standard, der einen freien Austausch von Instant Messages sowohl von Facebook Nachrichten als auch Nachrichten in Google Talk gestattete, bereits vor einiger Zeit abgeschaltet.

FB XMPP end.

Es ist offensichtlich, dass das Motiv dabei ist, maximal Nutzerdaten abzuernten und die Nutzung des Facebook Messengers zu erzwingen. Andernfalls ist ein Zugriff auf die empfangenen Nachrichten nur noch über den Computer möglich. Aber auch dort sollen die Nutzer möglichst die eigene App nutzen und keinen Browser.

Neuerdings können die Verbraucherschutzverbände gegen Facebook nach dem Unterlassungsklagegesetz vorgehen, wenn Facebook gegen Vorschriften des Datenschutzes verstößt. Jedenfalls ist die dem Benutzer technisch aufgedrängte Installation des Messengers zur Sammlung der Nutzerdaten für die Nutzung von Facebook Nachrichten in keiner Weise erforderlich. Sie wird dem Nutzer vorsätzlich aufgedrängt. Die bei der aufgedrängten Installation verlangte Zustimmung des Nutzers zur Datenverarbeitung des Messengers, um wieder an seine Nachrichten zu kommen, dürfte daher unter diesen von Facebook vorsätzlich herbeigeführten technischen Zwängen unwirksam sein, wobei es dazu jedoch noch keine Rechtssprechung geben dürfte.

Weiterhin stellt sich die Frage, ob Facebook mit diesem Vorgehen verstärkt die Aufmerksamkeit der Kartellbehörden auf sich ziehen wird.

Schließlich ist die Willensfreiheit der Nutzer grundsätzlich auch von § 240 StGB, dem Verbot der Nötigung, geschützt. Da der Zugriff auf die eigenen Nachrichten aber über den Computer weiterhin auch noch ohne Installation des Messengers möglich ist, mag dies als ein zu scharfes Schwert gelten. Auch ist ja niemand gezwungen, Facebook zu nutzen - oder vielleicht doch? Die voranschreitende Verbreitung des Messengers dient jedenfalls diesem Ziel.